2. Das zweite Gottesknechtslied hat eine bemerkenswerte Struktur.

Text des Tages: Jes 49,1-6 Fortlaufende Bibellese: Jes 44,21 -28

Zunächst einmal knüpft es an das erste Gottesknechtslied an:

  • an die Berufung durch Gott – „Das ist mein Auserwählter“ (42,1b) / „Der HERR hat mich berufen“ (49,1c),
  • an die Einsetzung als Knecht – „Das ist mein Knecht“ (42,1a) / „Du bist mein Knecht“ (49,3a),
  • an den Völkerauftrag – „Er wird das Recht unter die Heiden bringen“ (42,1e) / „Ich habe dich zum Licht der Heiden gemacht“ (49,6d),
  • an seine eigentümliche Schwachheit – „mein Knecht, den ich halte“ (42,1a) / „Mein Gott ist meine Stärke“ (49,5f),
  • an sein Leiden – „Er selbst wird nicht verlöschen und zerbrechen“ (42,4a) / „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich“ (49,4a).

Wir haben es wie beim ersten Lied mit einer klaren Dreiteilung zu tun.

  • Diese ergibt sich durch das Bindewort „aber“ in Vers 4 und Vers 5, das an dieser Stelle einen Gegensatz ausdrückt (וadversativum).
  • Vers 1–3 ist vom Erwählen Gottes die Rede, Vers 4 vom Verzagen des Knechts und Vers 5–6 von einem neuen Auftrag Gottes.
  • Im ersten Teil redet Gott, im zweiten redet der Knecht und im dritten wieder Gott.
  • In Teil eins und zwei ist von einer zurückliegenden Vergangenheit die Rede, in Teil drei dagegen von einer bevorstehenden Zukunft.
  • In jedem der drei Teile stoßen wir auf ein markantes und zusammen-gehörendes Wortpaar.
    • In Vers 1-3 erscheint das Wort Gottes als „scharfes Schwert“ und als „spitzer Pfeil“.
    • In Vers 4 stehen für das Gottvertrauen des Knechtes, die Worte „Recht“ und „Lohn“: „Mein Recht und mein Lohn sind bei Gott“ (Vers 4c+d).
    • In Vers 5-6 ist der Knecht für die Völker „Licht“ und „Heil“.
    • Unter Umständen könnte man im dritten Teil auch an das Wortpaar „Jakob“ und „Israel“ denken (Vers 5 + 6).
    • Zu erwägen wäre auch das Gegensatzpaar „Israel“ und die „Völker“.

Neben der Dreiteilung bildet das zweite Gottesknechtslied eine Ringstruktur.

  • Das heißt: Der Aufbau ist spiegelbildlich.
  • In den Außenversen 1a.b und 6 geht es um die Völker.
  • In Vers 1c – 3 und Vers 5 geht es um die Berufung von Mutterleibe an und die Aufgabe an Israel.
  • In Vers 3 + 4 geht es um die Verherrlichung Gottes durch den Knecht und sein Scheitern an dieser Aufgabe.
  • Die Ringstruktur betont die Mitte.