Sei nüchtern!

Sei nüchtern! Wir finden an verschiedenen Stellen im Neuen Testament die Aufforderung, dass wir nüchtern sein sollen. Gerade in einer Zeit, die stark vom Wahrnehmen der Gefühle geprägt ist, müssen wir den Ruf Gottes zur Nüchternheit neu vernehmen.

Wir kennen das Wort nüchtern davon, einen “nüchternen Magen” zu haben oder “nicht betrunken zu sein”. In der Bibel wird dieses Wort noch weitergefasst: es geht darum, nicht all zu berauscht oder überwältigt von seelischen, geistlichen oder menschlichen Eindrücken zu sein. Stattdessen gilt es bei allen Dingen, nüchtern auf das bedacht zu sein, was die grundlegenden und entscheidenden Fakten sind. Der Begriff steht auch synonym zu “bei klarem Verstand sein” bzw. “wach sein”. Die folgenden drei Punkte sollen dir helfen, Nüchternheit im Glauben einzuüben.

1. Sei nüchtern und setze deshalb ganz auf die Gnade von Jesus Christus!

Eine nüchterne Realität unseres Lebens ist, dass wir unser Leben nicht selbst retten können und dass unsere eigene Kraft und Hingabe nicht ausreicht, um Jesus nachzufolgen. Die Jünger mussten in den Tagen der Gefangennahme und Kreuzigung bitter erfahren, wie ihre eigene Kraft zu gering ist. Besonders Petrus – der Jesus versicherte, dass er ihn nie verlassen würde – kommt dorthin, dass er behauptet, Jesus nicht zu kennen. Er stellt sich nicht zu Jesus. Das Beispiel der Jünger sollte uns nicht zum herablassenden Blick veranlassen, in dem wir denken: “Was waren das nur für Schwächlinge!” Vielmehr macht die Bibel damit deutlich: Wenn schon die von Jesus erwählten Jünger in größter Anfechtung und Not es nicht geschafft haben, treu zu Jesus zu stehen, wie viel weniger wir. Diese Einsicht führt zur Verzweiflung – zur Verzweiflung über uns selbst. Auch wenn insgesamt Verzweiflung nichts Gutes ist, hier ist sie notwendig. Gott führt uns dahin, dass wir an uns selbst, unserer eigenen Kraft, unserer vermeintlichen Gerechtigkeit und Gutheit verzweifeln. Gott zerstört unser falsches Selbstbild, damit wir auf den setzen, durch den wir allein stehen können: Jesus Christus.

Es ist dieser Petrus, der Jesus verleugnete, welcher in einem Brief folgende Verse schreibt:

Darum umgürtet eure Lenden und stärkt euren Verstand, seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch dargeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi. (1. Petr 1,13)

Petrus ruft zur Nüchternheit auf. Ähnlich wie man in unseren Breitengraden die Ärmel hoch krempelt, um die Hände frei die Arbeit zu haben, so hat man zur Zeit des Petrus die Lenden gegürtet, um tätig sein zu können. Es geht hier aber nicht um eine normale Tätigkeit, sondern die des Verstandes. Wir sollen also mit unserem Verstand nicht träge oder passiv sein, sondern aktiv konzentriert und tätig sein und ganz auf die Gnade setzen. Petrus redet hier nicht über das eigene Versagen oder die eigene Unfähigkeit. Ihn interessiert nur der feste Grund, auf den alles ankommt: Es ist die Gnade, die in der Offenbarung Jesu Christi zu uns getragen worden ist.

Weil dies also eine nüchterne Realität ist, sei auch selbst nüchtern und setze ganz und gar deine Hoffnung auf die Gnade Gottes in Jesus Christus. Setze deine Hoffnung nicht auf deine Kraft oder andere Menschen, sondern vollständig auf Jesus. Er hat am Kreuz ein für allemal für deine Schuld bezahlt und dir so Rettung gebracht. Er ist dein Retter!

Vielleicht wendest du ein: „Ja, ich weiß es schon, Jesus ist Retter und Heiland, aber mit meiner persönlichen Situation hat das nichts zu tun.“ — Weit gefehlt! Das hat zutiefst etwas mit deiner ****Situation zu tun! Jesus war noch nie ein religiös-abstrakter Retter, der fernab von unserer Welt irgendwie verehrt wird. Stattdessen ist der allmächtige Gott in Jesus Christus Mensch geworden. Dort, wo wir mit menschlichen Problemen, sei es Schuld, Schwachheit, Versuchung oder Leid zu tun haben, so dürfen wir wissen, dass Jesus das alles selbst getragen hat und uns deshalb auch einen Weg heraus aufzeigen kann.

„Daher musste er in allen Dingen seinen Brüdern gleich werden, damit er barmherzig wurde und ein treuer Hohepriester vor Gott, um die Sünden des Volks zu sühnen. Denn worin er selbst gelitten hat und versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden.“ (Hebr. 2,17-18).

Jesus hat sich dir gleichgemacht und hat schon deine Sünde und Not getragen und überwunden. Auch wenn kein Mensch dich versteht, Jesus tut es und er weiß, wie konkret Rettung bei dir passieren kann.

Setze deine Hoffnung deshalb ganz und gar auf Jesu Gnade. Es kann nicht genug betont werden, dass wir ganz auf Jesus setzen. Es ist eine Versuchung, dass wir unsere eigene ausweglose Situation etwas harmloser begreifen und dass wir Jesu Rettung am Kreuz nicht so endgültig begreifen. So bauen wir unseren Glauben so, dass wir ein bisschen von unseren eigenen Kraft nehmen und dann noch ein bisschen von Jesu Gnade nehmen. Aber dort, wo du nicht ganz auf Jesus stehst, kannst du nichts Anderes als scheitern. Im zweiten Kapitel des Epheserbriefs heißt es, dass wir tot waren in unsere Sünden, aber mit Christus lebendig gemacht sind. Ein Toter ist zu nichts mehr fähig. Er ist vollkommen hilflos an seiner Situation etwas zu ändern. Es braucht allein Gottes Rettungsmacht von außen, die ihn lebendig machen kann. Diese Rettungsmacht ist offenbar geworden durch die Auferstehung von Jesus Christus von den Toten. Dort hat Jesus Christus ein für alle Mal über unsere Sünde, über den Tod und den Teufel und alle Mächte und Gewalt gesiegt.

Sei also nüchtern und setze deshalb ganz auf ihn. Beende den Versuch mit deinen eigenen Mitteln und deinen eigenen Kräften und mit deinem eigenen Verstand deine problematische Situation zu verändern, und setze ganz auf ihn. Lieber Bruder, Jesus steht schon längst für dich bereit. Er ist der dich gerufen hat, er ist es auch, der dich bis an Ziel führen wird.

2. Seid nüchtern, weil der Teufel umhergeht.

Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben. (1. Petr 5,8-9a)

Es gibt eine weitere nüchterne Realität dieser Welt. Diese Welt befindet sich im Kriegszustand und das nicht nur auf der menschlichen Ebene, sondern noch vielmehr in der unsichtbaren Welt. Der Teufel ist unser Feind, weil wir zu Christus gehören. Doch der Teufel hat nicht die Macht uns aus den Händen Gottes zu reißen, da Christus mit seinem Blut für uns bezahlt hat. Ihm bleibt nur der Versuch übrig uns Angst zu machen und uns in seine lügnerische Gedanken einzuspinnen.

Nüchtern und wachsam zu sein bedeutet also: Hab es auf dem Schirm, dass du angegriffen wirst. Stell dir vor, du nimmst an Triathlon teil. Es gibt aber eine kleine Gruppe, die es hasst, wenn ein Triathlon stattfindet. Deshalb bewirft sie die Wettkämpfer mit Steinen oder versucht, sie in einen Kampf mit ihnen zu verwickeln. So wollen sie die Wettkämpfer davon abbringen ihr eigentliches Ziel zu erreichen. Ähnlich arbeitet der Teufel. Er möchte dich in einem Kampfgeschehen mit ihm verwickeln. Du solltest dich deshalb nicht auf den Teufel fokussieren – das ist gerade das Ziel des Teufels -, sondern dich nach wie vor auf dein Ziel, auf Jesus Christus ausrichten. Aber du musst auf dem Schirm haben, dass du dabei angegriffen wirst. Darüber brauchst du nicht in Angst zu fallen, denn du hast Jesus, den Stärkeren, an deiner Seite. Jesus sagt einmal wo er über Dämonenaustreibung redet: “Niemand aber kann in das Haus des Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken fesselt; und dann wird er sein Haus ausrauben.” (Mk 3,27). Es sind nicht wir selbst, die wir den starken Satan vertreiben können, aber Jesus kann es und er tut es.

Nüchtern und wachsam zu sein bei den Angriffen des Feindes führt zu einer konkreten Reaktion: Widersteht fest im Glauben, schreibt Petrus.

Das ist eine schlichte und einfache Sache. Du musst die Gedankenspinnerei des Teufels nicht mit deinem Verstand widerlegen, du musst auch keine Antworten finden auf seine Infragestellungen. Dort, wo du erkennst, dass du es mit dem Teufel zu tun hast, genügt ein klares Nein und das Gehen zu Jesus.

Stell dir ein Kind vor, was in einer Menschenmenge steht. Der Vater ist in der Nähe. Aber in dem Moment, wo der Vater nicht hinsieht, kommt ein böser Mensch und beginnt ein Gespräch mit dem Kind, um es aus der Menge zu locken und gefangen zu nehmen. Der Vater hat das Kind darauf vorbereitet: “Wenn dich jemand Fremdes anspricht, kommst du direkt zu mir.” Als das Kind also angesprochen wird, dreht es dem Menschen seinen Rücken zu und geht zum Vater und ist in Sicherheit. So sollen wir auch zu Jesus gehen, wenn der Teufel uns angreift.

Was ist aber, wenn du nicht weißt, ob du gerade vom Teufel angegriffen wirst oder worin der Angriff des Feindes besteht? – Das ist eine typische Art des Feindes. Er gibt dir einfach ein Gefühl von Verwirrung und Finsternis, um dich dazu bewegen diese Sache dann mit deinem Verstand zu ergründen. Aber auch hier ist die Sache sehr schlicht: Sag Nein zu dem, was dich gefangen nehmen will und geh zu Jesus. Jesus genügt in jedem Moment. Wenn du bei ihm bist, bist du in Sicherheit, egal ob du begreifst oder nicht, mit was für einer Versuchung du gerade zu tun hattest.

Was ist aber, wenn sich dein Glaube gefühlt wie in Luft auflöst und dir auch Gott fremd oder finster erscheint? – Hier gilt das Gleiche: Flieh zu Jesus, auch wenn du Gott nicht verstehst. Berufe dich auf die nüchternen Realitäten deines Glaubens: Ich bin getauft auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Das heißt: Du gehörst Christus und nicht dem Teufel oder dir selbst. Durch Christus bist du gerettet. Mache wie einen Schritt zurück: Die teuflischen Gedanken sind oft sehr zwingend und lassen uns keine Ruhe, sie verspinnen uns nur immer wieder in größere Verzweiflung. Sag schlicht: “Nein! Hau ab, Satan! Ich gehöre Christus, dem Gekreuzigten.” Das genügt.

Man könnte jetzt noch weitere Einwände aufzählen, die einen davon abhalten, einfach zu Jesus zu gehen. Der Teufel erfindet immer wieder neue Lügen, um einen davon abzuhalten. Egal, was es ist. Sei nüchtern, widerstehe allem, was dich von Jesus entfernen will und geh direkt zu Jesus. Mach einen bewusste Kehrtwendung von den Versuchungsgedanken und gehen einen bewussten Schritt zu Jesus. Er sagt: “Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.”

3. Seid nüchtern und betet!

Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet. (1. Petr 4,7)

Gebet ist nun der praktische Ausdruck der zuvor beschriebenen Nüchternheit. Bete, egal ob du gerade Angriffe des Teufels erlebst oder nicht. Der geistliche Kriegszustand besteht und du brauchst die Verbindung mit deinem Herrn.

Wie du das Gespräch mit deiner Ehefrau brauchst, wenn die Beziehung nicht sterben soll, so brauchst du auch das Gespräch mit Gott. Manchmal wird es dich besonders dort hinziehen, manchmal wirst du vielleicht eine Abneigung empfinden, manchmal wird es dir gleichgültig und unwichtig erscheinen. Egal, wie du dich fühlst – Bete!

Gott ist die Quelle, von der alles herkommt, was du brauchst, um lebendig zu bleiben. Gott ist dein Anker und dein Fels, durch den du in Sicherheit ruhen kannst.

Suche deshalb immer wieder die Nähe deines himmlischen Vaters. Wie ein kleines Kind während eines Krieges immer bei seinen Eltern bleiben sollte, damit es nicht in den Kriegswirren untergeht, so solltest du auch immer in der Nähe deines himmlischen Vaters bleiben. Du musst gar nicht viel über den Kampf wissen. Du musst nicht das gesamte Ausmaß der Finsternis, Versuchung oder Sünde kennen. Das einzige, was wichtig ist: Dass du deinen himmlischen Vater kennst und an ihm bleibst. Er weiß alles und er gibt dir an Weisheit und Erkenntnis alles, was du brauchst. Bei ihm ist Geborgenheit und Sicherheit.

Du solltest dabei vernünftig und nüchtern sein zum Gebet. Das bedeutet: Damit du beten kannst, brauchst du keine hohe oder niederdrückende Gefühlswallung, die dich dazu antreibt jetzt mal zu beten. Auch dein Gebet muss nicht besonders gefühlsbetont oder besonders “geisterfüllt” oder “vollmächtig” sein. Es soll ein nüchternes und vernünftiges Gebet, wo du schlicht mit Gott redest, wie ein Kind mit seinem Vater.