Betet

Den 5. Sonntag nach Ostern hat der Tradition nach den lateinischen Name Rogate (Betet). Er hat seinen Namen von den Bittgängen für die Felder, dass sie mit Gottes Hilfe reiche Frucht bringen sollen. Es geht also um die irdischen Auswirkungen unserer Gottesbeziehungen durch unser Gebet. Der Betende rechnet damit, dass Gott seine Wünsche zu einer positiven Wendung seiner Lebensumstände erhört. So heißt es in dem Psalmvers dieses Sonntages: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ (Ps 66, 20).

> Lies dazu Johannes 16, 23-33

Dieser Abschnitt steht in dem Kontext der Ankündigung Jesu über seine Abwesenheit (durch seinen Tod) und der damit verbundenen Traurigkeit der Jünger. Seine Auferstehung bewirkt eine Freude mit Folgen. Diese Freude gründet sich auf der Überwindung von „Sünde, Tod und Teufel“ sowie der Trennung von Gott durch ebendiese, hervorgerufen durch Tod und Auferstehung Jesu.

Weil Jesus das alles überwunden bzw. gewirkt hat, gibt er das Versprechen, dass wir den Vater bitten können und er unsere Bitte erhört. Das klingt erstmal nach einem sehr starken Versprechen. Wenn ich mir etwas wünsche, kann ich Gott darum bitten und er wird es mir erfüllen. Nur leider habe ich diese einfache Abfolge in meinem Leben oftmals nicht erlebt. Krankheiten bleiben ungeheilt, Gelegenheiten, ob im Job oder privat, bleiben verwehrt etc. Gott scheint oft nicht darauf einzugehen. Oder ist unser Gebet ist zu kraftlos, vielleicht beten wir nicht ernst genug.

Ich frage mich, ob ich den Vers 23: „Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben“ falsch gelesen habe. Vielleicht reicht es nicht aus, wie es manchmal kirchliche Praxis ist, einfach die Floskel „in Jesu Namen“ an meine Bitte ranzuhängen und dann wird Gott das schon erfüllen?

Was bedeutet es überhaupt in seinem Namen zu beten? Wenn ich z.B. ein Schriftstück im Namen eines anderen verfasse, sollte es nicht dann auch in seinem Sinn bzw. in seinem Geist verfasst sein? Oder andersherum, wenn es nicht in dessen Sinn ist bzw. dem zuwiderläuft, habe ich dann überhaupt die Berechtigung, es in seinem Namen zu verfassen?

Jesus lehrt uns im Vaterunser: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“. Wenn ich in Jesu Namen bete, bin ich da nicht aufgefordert, seinen Willen für die konkrete Gebetssituation zu erforschen und um Erkenntnis davon zu beten? Bedeutet es dann nicht vielmehr, dass ich jede Bitte, die ich an Gott stelle, auf Gottes Willen ausrichten sollte? „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“. (Lk 22,42) 

Jakobus schreibt in seinem Brief im Kapitel 4: „2 Ihr seid begierig und erlangt’s nicht; ihr mordet und neidet und gewinnt nichts; ihr streitet und kämpft; ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet; 3 ihr bittet und empfangt’s nicht, weil ihr in übler Absicht bittet, nämlich damit ihr’s für eure Gelüste vergeuden könnt.“

Ist das vielleicht der Grund, warum unsere Gebete manchmal kraftlos sind? Weil wir oft nach unserem menschlichen Wünschen gehen und nicht unseren Willen an Gottes Willen ausrichten. Gebet heißt nicht, dass Gott der Gehilfe unserer Wünsche wird, sondern, dass wir uns mit ihm verbinden, nach seinem Willen fragen, uns von ihm belehren lassen.

Die anderen Texte der kirchlichen Leseordnung für den Sonntag Rogate erzählen von anderen Aspekten des Gebets. Im 2.Mose 32 wird von dem Abfall des Volkes Israel von Gott in Form des goldenen Kalbes und von der Fürbitte Mose für sein Volk, dass Gott es verschone, erzählt. 

Im 1.Tim 2 heißt es: „1 So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, 2 für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.“

Hier weitet der Apostel unseren Blick von uns selbst und unserem unmittelbaren Umfeld und beauftragt uns im Gebet für unsere Mitmenschen und Gesellschaft im Sinne Gottes Sorge zu tragen.

Ich kann mich fragen:

  • Bin ich mit meinen Wünschen im Einklang mit dem, was Gott für mich und meine Mitmenschen im Sinn hat? Mache ich Gott zu einer Wunschmaschine?
  • Habe ich eine Herzenshaltung, die nach Gottes Willen fragt und mit allem Ernst danach sucht?
  • Nehme ich mir die Zeit, dass Gott in mein Gebet und durch sein Wort zu mir sprechen kann?
  • Habe ich nur den Blick auf mich und mein Leben, oder denke ich im Gebet auch meine Geschwister, an die Kirche und an die Gesellschaft?
  • Habe ich im Blick, dass es Gottes größter Wunsch ist, dass alle Menschen zum Glauben an Jesus kommen und das ewige Leben in Herrlichkeit erlangen?

Texte für diese Woche

Spruch für diese Woche: 

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.

Psalm 66,20

Psalm der Woche: Ps 95

Weiterführende Text zur thematischen Vertiefung: 2. Mose 32,7–14; Daniel 9,4-5.16-19; Mt 6,5–15; Mk 1,32-39; Lk 11,1–13; Lk 18,1-8; Joh 14,7-14; 1. Tim 2,1–6a